"Sobald es zu bequem wird, entsteht bei mir nichts Neues", sagt Alexa Feser. Sie brauche die Veränderung, um sich und ihre Musik am Leben zu erhalten, so die 36-jährige Wahl-Berlinerin. Für ihr neues Album hat sie also mal wieder die Koffer gepackt. Fans der Blondine wissen: Bereits im Vorfeld ihrer letzten beiden Veröffentlichungen wechselte Alexa Feser ihren Wohnsitz innerhalb der Hauptstadt. Diesmal zog es sie zum Alexanderplatz.
Dort wo das Berliner Herz am lautesten schlägt und es mitunter wuseliger und hektischer zugeht als in Manhattan, streckte Alexa ihre Fühler aus und saugte alles auf, was um sie herum geschah. Und da kam so Einiges zusammen. Inmitten einer Heerschar von Touristen, Geschäftsleuten, Liebespaaren und Kriminellen schreiben sich die Geschichten des Lebens wie von selbst.
Alles dreht sich um Neuanfänge ("Nach Norden"), Wertschätzung ("Leben", "Inventur"), Chaos ("Mensch Unter Menschen", "Paradies Im Kopf") und die Liebe ("Herz Aus Zweiter Hand"). Während Alexa Kontaktanzeigen für gebrochene Herzen schaltet, halten Reimexperte Curse und mutige "Wunderkinder" auf den Straßen nach funkelnden Lektionen fürs Leben Ausschau. Rund um den Fernsehturm geht es auf und ab. Und begleitet wird die Achterbahnfahrt der Emotionen mit Sounds, die eine perfekte Brücke zwischen Gestern und Heute schlagen.
Im Vordergrund steht natürlich Alexas Organ, das wahlweise melancholisch schluchzend oder kraftvoll und energisch über allem thront. Ummantelt werden die Hit-verdächtigen Melodien ("Wunderfinder", "Leben") mit hymnischen Streichern aus Babelsberg und akzentuierten Beatgees-Beats, die bereits auf dem letzten Catterfeld-Album aufhorchen ließen. Zusammen mit Alexas gefühlvollem Piano-Spiel entfaltet sich die Symbiose aus klassischer Opulenz und digitaler Schärfe zu einem hymnenhaften großen Ganzen, für das die meisten anderen Deutschpop-Poeten dieser Tage Haus und Hof verkaufen würden.
Mit viel Gefühl, lyrischem Tiefgang und pointierten Grüßen in Richtung London macht die ehemalige Backgroundsängerin der No Angels auf ihrem dritten Album alles richtig. Während Alina Süggeler noch nackig und orientierungslos durch die Straßen rennt, klopft Alexa Feser bereits mit Vehemenz an die Pforten des Deutschpop-Olymps. Wollen wir sie reinlassen? Aber hallo!
© Laut