Dmitri Sinkovsky stellt sich auf diesem Bach-Album in einer dreifachen Funktion vor, nämlich als Geiger und Dirigent (bis dahin nichts Besonderes), aber auch als Kontratenor. Als er anfing, nicht nur als Instrumentalist sondern auch als Sänger aufzutreten, wirkte es als charmante Kuriosität oder als typisch barocke Extravaganz, besonders als er in demselben Stück von der Geige zum Gesang wechselte. Sein zugegebenermaßen durchaus beachtliches Talent als Sänger hat sich schnell gezeigt und so konnte er ein höchst anspruchsvolles Publikum für sich einnehmen. Sein Wunsch, beide Rollen zu spielen, entspricht einer der wichtigsten Ideen der Barockzeit: nämlich das Instrument wie eine Singstimme zu behandeln und umgekehrt, die menschliche Stimme wie ein perfektes Instrument. Sinkovsky singt daher ohne jeden übertriebenen Affekt, in einem tadellosen musikalischen Diskurs, mit einem vokalen Ansatz von rigoroser Genauigkeit. Da ist kein einziges Glissando, das von Bequemlichkeit oder schlechtem Geschmack zeugt - kurz ein leuchtendes Beispiel für so manchen Star-Kontratenor. An seinen Qualitäten als Geiger besteht schon seit langem nicht der geringste Zweifel. Erwähnenswert ist, dass er in der herzzerreißenden Arie „Erbarme dich“ aus der Matthäuspassion die Altpartie singt und zugleich die ebenso wichtige Solovioline spielt: beide Stimmen sind von Anfang bis Ende wie in einem endlosen Band miteinander verwoben. Ein Augenzwinkern an die moderne Technik, denn die Aufnahme wurde nach dem Prinzip des Overdub realisiert!