Die vorliegende Aufnahme versucht, Anweisungen aus der Abhandlung über die Diminutionspraxis von Silvestro Ganassi, Fontegara, die 1535 in Venedig erschienen ist, musikalisch umzusetzen. Das Werk bleibt aus verschiedenen Gründen ein Rätsel, denn es enthält kein einziges Beispiel für die musikalische Umsetzung der Empfehlungen. Und von Ganassis eigenen Kompositionen wurde auch keine aufgefunden. Zur Erinnerung: Die Kunst der Diminution besteht in der Verbindung der einzelnen Töne der Partitur durch mehr oder weniger virtuose Figuren (je nach Länge der Note). Diese Figuren werden als „Verkleinerungen“ der ursprünglichen rhythmischen Werte betrachtet. Für jede in der Partitur verzeichnete Note improvisiert der Ausführende 2 bis 32 weitere Noten und vermischt dabei Rhythmen und melodische Konturen. Durch die Diminution wird die Anzahl der Noten gegenüber der Notierung bei einer Verringerung ihres Notenwertes erhöht. Die Partitur ist daher eine Art Skelett, das durch verschiedenste Ornamente ausgeschmückt wird. In dieser Hinsicht gibt Silvestro Ganassi zahlreiche Ratschläge zu Atemtechnik, Artikulation und Fingersätzen. Das Ensemble Le Concert brisé hat die Vorschläge der Fontegara an verschiedenen Kompositionen, die Ganassi während seines Lebens gekannt haben muss, ausprobiert: Improvisationen aus den 1400er Jahren sowie französisch-flämische Kompositionen aus den Jahren 1480 bis 1520. Cipriano de Rore, Adrian Willaert, Nicolas Gombert, Jacques Arcadelt und andere werden hier treu nach den Prinzipien ihres Zeitgenossen Ganassi (es sei denn, sie seien spekulativ, denn sie sind manchmal recht gewagt… wer weiß) neu interpretiert. Eine faszinierende Übung in historischer Aufführungspraxis für Blockflöten, stillen Zink, Gamben, Barockposaune, Zink, Continuo und natürlich Singstimmen. © SM/Qobuz