Armer Adam… außer dem Ballett La Sylphide, das bei Ballettaufführungen auf verschiedensten Bühnen der Welt hin und wieder noch gegeben wird, dem nur sehr selten aufgeführten Postillon de Longjumeau und dem Weihnachtslied Minuit, Chrétiens - wer weiß schon, dass es von ihm stammt? – ist Adam praktisch unbekannt. Trotz fünfundvierzig komischen Opern und gut fünfzehn Balletten, die zu seiner Zeit immerhin von London bis Sankt Petersburg aufgeführt wurden, hat sein Name in der Nachwelt kaum Spuren hinterlassen. Er sagte von sich selbst: „Mit meiner Bühnenmusik habe ich keinen anderen Ehrgeiz, als dass sie für das Publikum leicht, eingänglich und unterhaltsam sein soll. Ich kann nur leichte Musik schreiben, das ist nun mal so. So begnüge ich mich damit, das zu tun, was ich kann und wie ich es kann, und wenn das Publikum von mir nichts mehr wissen will, dann höre ich eben auf zu schreiben.“ In diesem Sinn ist die vorliegende komische Oper Le Chalet ein wahres Kleinod an Leichtigkeit und Unbeschwertheit: Adam ist ein begabter Erfinder schwungvoller und gefälliger Melodien. Er ist ein Meister in der Kunst des „unvergesslichen Motivs“, das man beim Verlassen des Theaters noch vor sich hin summt: das musikalische Gegenstück zum Bonmot im Theater – und nach Bizet, der sich damit auskannte – „das einzige Mittel, das dem Komponisten zur Verfügung steht, um vom heutigen Publikum verstanden zu werden“.
Adams Partitur respektiert in aller Feinheit die Stimmungen und Effekte, die in Scribes Libretto nahegelegt werden. Wirkungsvolle dramatische Steigerungen zeugen von seinem unfehlbaren Sinn für das Theatralische. Sein schneller Erfolg und sein gewandter Stil trugen ihm die Eifersucht und sogar den Groll seiner Kollegen ein, besonders von Berlioz, die seine Leichtigkeit und sogar niedriges Niveau verurteilten und ihn beschuldigten, dem Volksgeschmack schmeicheln zu wollen. Adam bleibt jedoch Herr einer großen musikalischen Verführungskunst, die er nach den Regeln der Kunst umsetzt. Seine liebenswürdige Musik, ganz bewusst und mit Sachverstand geschrieben, bezaubert durch Eleganz und Raffinesse. Die "komische Oper“ Le Chalet ist eine Mischung mehrerer Gattungen. Ihr Stil ist vom Vaudeville-Theater inspiriert, das der junge Adam oft unter verschiedenen Pseudonymen besucht und gefördert hat. Le Chalet könnte auch als Vorläufer der Operette betrachtet werden – der junge Offenbach wurde anscheinend davon beeinflusst… Warum sollte man sich kein Vergnügen gönnen? Eine spritzige Besetzung, ein engagiertes Orchester, herrliche Dialoge: in der vorliegenden Aufnahme ist alles darauf ausgerichtet, dass der Hörer das Werk von seiner schönsten Seite kennenlernt. © Marc Trautmann/Qobuz