Unnötig, sich nach einem Vornamen umzugucken: Poldowski ist einer dieser Künstlernamen wie Voltaire, Novalis oder Banksy, die einzelstehend bleiben. Der Fall Poldowski ist etwas Besonderes, da es sich hier um Régine Wieniawski handelt, die Tochter des berühmten Geigers Henryk Wieniawski. Régine hat ihren Vater nie gekannt, da dieser kurz nach ihrer Geburt starb, weswegen sie auch wohl kaum (oder gar überhaupt nicht) musikalisch von ihm beeinflusst wurde. Man sollte bezüglich der Einflüsse auf die junge Komponistin eher in Richtung Debussy schauen, insbesondere was ihr umfangreiches Liederrepertoire betrifft – in mehreren Liedern hat sie übrigens wie Debussy Gedichte von Paul Verlaine, also auf französisch vertont. Poldowski stand in enger Verbindung zu Verlaine, als sie noch in Belgien lebte. Als bedeutende Angehörige der Londoner Schickeria – sie war die Gattin des Sir Aubrey Edward Henry Dean Paul, fünfter Baronet – war sie auch eng befreundet mit Künstlern wie Malcolm Sargent, Henry Wood oder Thomas Beecham, die übrigens ihre Orchesterwerke mit Begeisterung aufführten. Die hoch originelle Musik von Poldowski wartet trotzdem noch darauf, wiederentdeckt zu werden, da zahllose Werke entweder verschollen oder höchstwahrscheinlich in Bibliotheken oder Privatsammlungen verweilen. Vier der hier von der Sopranistin Angélique Zuluaga aufgenommenen Lieder werden sogar als Ersteinspielung geboten. Als historische Referenz singt sie auch einige während derselben Zeitspanne komponierten Lieder von Reynaldo Hahn, Claude Debussy und Louis Aubert, woraus man leicht erkennen kann, wo ihre Wahlverwandtschaften liegen. © SM/Qobuz